Trockenzeit

Wenn die Grillen ganz laut singen und ihr Zirpen selbst in regenreichen Nächten nicht vollständig erstirbt, dann weiß ich, dass ich die Schere zücken und mit dem großen Schneiden beginnen muss. Noch vor dem Mittagsläuten wollen sie geerntet werden, wenn die Morgensonne gerade so die nächtliche Feuchtigkeit getrocknet hat.

Man glaubt es kaum, doch das regenreiche Frühjahr hat die sonnenverliebten Kräuter aus dem Boden schießen lassen. So üppig blüht der wilde Majoran, dass damit die Pizzableche, Soßentöpfe und Focacciabrote einiger italienischer Großküchen gewürzt werden könnten. Doch auch der Lavendel zeigt sich von seiner schönsten Seite und dem Salbei hat selbst der eisige Februar nichts anhaben können. Nur den Rosmarin rette ich jedes Jahr ins kühle, frostfeie Winterquartier, wo er sich ausruht, um im Frühsommer mächtig ins Kraut zu schießen. Zuverlässig würzt er mir Plätzchen und Kuchen, ein unermüdlicher und unverzichtbarer Geselle in meiner Küche.

Endlich getrocknet, werden die Lavendelblüten gezupft, Rosmarin und Salbei fein gemahlen und Blätter und Blüten des wilden Majoran zwischen den Fingern grob zerrieben. Bis zum nächsten Jahr um diese Zeit werden sie mir den Sommer auf die Zunge und den Duft der Macchia in die Nase zaubern und mir das Lied der Grillen im Herzen bewahren.

Nikki+++

1 comment to Trockenzeit

  • Ach, im nächsten Jahr…! Da werden bei mir auch die Kräuter aus dem Garten zum Trocknen auf so einen schönen Stock gehängt. Das duftet bestimmt wunderbar 🙂 Sonnige Grüße